Was wir tun und was wir wollen
Eine kurze Einführung in die Welt der Biases oder wie wir unsere eigene Wirklichkeit schaffen
Wir freuen uns, Sie als LeserInnen für unseren Blog gewinnen zu können und Sie hier über alte und neue, gute und böse Biases und wie sie unser Leben und unsere Entscheidungen beeinflussen können, auf dem Laufenden zu halten.
PsychologenInnen und VerhaltensökonomenInnen beschäftigen sich seit einiger Zeit mit Biases – das sind Wahrnehmungsverzerrungen – , um Menschen und ihr Entscheidungsverhalten besser zu verstehen. Das Wissen um Biases kann helfen einen besseren Rahmen zu schaffen, in dem Menschen bessere Entscheidungen treffen.
Schnelles Denken und Heuristiken
Die Urväter der „Bias-Wissenschaft“ sind Daniel Kahneman und Amos Tversky. Sie haben speziell Heuristiken erforscht – das sind mentale Abkürzungen bei dem Treffen von Entscheidungen. Die zu verarbeitende Datenmenge wird durch Heuristiken reduziert. Heuristiken ermöglichen somit schnelles Denken und schnelles Entscheiden. Manchmal kann dies vorteilhaft sein, um Denkressourcen zu sparen. Manchmal aber, obwohl vielleicht unbequemer, lohnt es sich den „Umweg“ zu nehmen und bewusst nachzudenken. Ein bewusster Denkprozess kann zu besseren Entscheidungen führen, d.h. zu Verhalten, welches Wollen und Tun in Einklang bringt.
Heuristiken führen nicht zwangsläufig zu fehlerhaften Entscheidungen. Beispielsweise sind Stereotypen Heuristiken, die es uns ermöglichen uns unbekannte Personen schneller zu beurteilen und einzuschätzen. Diese Stereotypen können einen wahren Kern haben, aber der Kern ist oftmals sehr viel kleiner als die meisten von uns glauben und rechtfertigt kein vorschnelles Urteilen über Mitmenschen.
Was sind Biases?
Biases sind kognitive Verzerrungen, die Menschen Entscheidungen treffen lassen, die aus standardökonomischer Sicht irrational sind. Zu Biases kann es kommen, wenn Heuristiken verwendet werden. Andere Quellen von Biases liegen in Verzerrungen in der Wahrnehmung und im Speichern und Wiederaufrufen von Informationen. Unser Gehirn kann nur eine gewisse Menge an Informationen verarbeiten. Auch Emotionen und soziale Normen beeinflussen unsere Wahrnehmung und letztendlich unser Verhalten. Da diese Prozesse individuell variieren, schafft sich jeder für sich seine eigene Wirklichkeit.
Entscheiden VerhaltensökonomInnen immer rational?
Wir sind WissenschaftlerInnen auf dem Gebiet der Verhaltensökonomik und Biases sind unser täglich Brot. Macht uns dieses Wissen weniger anfällig für Biases? Ja, aber nicht so sehr wie wir wünschten. Biases sind menschlich und wir fokussieren unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Informationen und übersehen dabei wichtige Informationen. Wir interpretieren Situationen auf der Basis von erlernten Denkmustern und tendieren zu Verallgemeinerungen auf Basis einer einzelnen Geschichte, die wir hören.

Das Wissen um Biases verändert die Sicht auf Mitmenschen und die Welt. Wir bekommen ein besseres Verständnis, warum Menschen handeln wie sie handeln.
Das Wissen über Biases erweckt in uns den Eindruck, dass wir weniger Biases aufsitzen. Aber tja – falsch gedacht und schon wieder einem Bias aufgesessen: Dem Bias Blind Spot. Dieser Bias macht uns weiß, dass andere Menschen Biases unterliegen, aber doch nicht wir selbst (Pronin et al. 2002).
Die Faszination von Biases
Warum also weiterlesen, wenn das Wissen um Biases uns nicht direkt zu besseren Entscheidungen führt? Wir werden, wo immer es passt, Mittel aus der verhaltensökonomischen Werkzeugkiste vorstellen, die es uns ermöglichen bessere Entscheidungen zu treffen.
Hier ein paar gute Gründe, warum es sich auf jeden Fall lohnt regelmäßig unsere Beiträge zu lesen:
- Das Wissen um Biases verändert die Sicht auf Mitmenschen und die Welt. Wir bekommen ein besseres Verständnis, warum Menschen handeln wie sie handeln.
- Biases sind ein Teil des Wissenschaftsfeldes der Verhaltensökonomik – eine unterhaltsame Wissenschaft, deren Ergebnisse und Methoden oft Überraschendes, Ungewöhnliches und Erstaunliches zu Tage bringen.
- Wir betrachten (politische) Ereignisse durch die verhaltensökonomischen Linse und diskutieren mögliche Effekte und Lösungsansätze aus diesem Blickwinkel. (Hier soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Verhaltensökonomie sehr viel mehr ist als „Wissenschaft von Biases“).
Biases betreffen einfach jeden von uns. Abgesehen von diesen „ernsthaften“, wir-wollen-mehr-über-uns-lernen Gründen, ist es daher für die meisten Leute ein spannendes Gesprächsthema. Das Wissen um Biases kann in besseren Ratschlägen für Freunde enden und am Ende zu Entscheidungen führen, die uns langfristig glücklicher machen. Auf auf! Die Reise beginnt, die Welt mit anderen „ungebiaseden“ Augen zu betrachten!
Literatur
Pronin, Emily, Daniel Y. Lin, and Lee Ross (2002): „The bias blind spot: Perceptions of bias in self versus others“, Personality and Social Psychology Bulletin, 28.3, 369-381.
Titelbild: Josh Calabrese (gefunden auf https://unsplash.com/)