Jedes Kind weiß, dass Rauchen ungesund ist, oder?
Die Diskussion um den Gesundheitsschutz von Jugendlichen und NichtraucherInnen ist wieder einmal aktueller denn je. Vom 01.10.18 bis zum 08.10.18 läuft das Volksbegehren für den NichtraucherInnenschutz (https://dontsmoke.at/). Diese Kampagne hat sich folgende Ziele gesetzt: Absolut rauchfreie Lokale, die Beibehaltung der Novelle zum NichtraucherInnenschutzgesetz und einen umfassenden Schutz, hauptsächlich von Jugendlichen.
Auch das Institut für Höhere Studien analysierte in diesem Jahr das Rauchverhalten in Österreich und insbesondere verhaltensökonomische Maßnahmen zur Reduktion von jugendlichem Rauchverhalten. Die Zahl an jugendlichen RaucherInnen in Österreich ist bedenklich ─ in keinem Land in Europa rauchen mehr Jugendliche unter 15 Jahren.
Die Arbeitsgemeinschaft Suchtvorbeugung (ARGE) hat spezifische Maßnahmen entwickelt, die bei der Prävention helfen sollen und von den ForscherInnen des IHS und Insight Austria evaluiert wurden:
- Die Bewerbung einer Telefon-Hotline zur Tabakentwöhnung für eine jugendliche Zielgruppe
- Die Adaption bzw. (Weiter-)Entwicklung einer Rauchfrei-App zur Tabakentwöhnung für Jugendliche
- Die stärkere Nutzung digitaler Kommunikationskanäle
- Den Einsatz niederschwelliger Materialien in jugendlicher Sprache um über Angebote zur Suchtentwöhnung zu informieren
- Schulungen von MitarbeiterInnen der außerschulischen Jugendarbeit
- Ein sinnvolles und einheitliches Konsequenzenmodell bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz.
Warum wir Wissen nicht in Taten umsetzen
Bei Befragungen von RaucherInnen konnte gezeigt werden, dass diese sich den gesundheitlichen Schäden aufgrund des Konsums von Zigaretten durchaus bewusst sind. Man fragt sich, warum hören denn dann nicht einfach alle mit dem Rauchen auf?
Ein Grund dafür ist der „Optimistic Bias“. Dieser verhaltensökonomische Begriff beschreibt den Optimismus von RaucherInnen, selbst nicht so stark von den Folgen des Rauchens getroffen zu werden wie andere RaucherInnen. Ein Teil dieser Wahrnehmungsverzerrung ist auch, dass insbesondere junge RaucherInnen die Abhängigkeit infolge des Nikotinkonsums unterschätzen. Sie denken, sie könnten jederzeit aufhören. Wissen um die schädlichen Folgen scheint somit nicht so elementar zu sein Nichtrauchen zu unterstützen, denn Menschen rauchen trotz des Wissens über die möglichen gesundheitlichen Konsequenzen.
Die meisten von der ARGE vorgeschlagenen Suchtvorbeugungsmaßnahmen zielen jedoch auf Kommunikation und Bewusstseinsbildung ab und könnten somit über die Zeit an Wirksamkeit verlieren. Denn wie bereits erwähnt, fehlt es den RaucherInnen nicht am Bewusstsein hinsichtlich der Konsequenzen, sondern eher an der Bereitschaft dieses Wissen in Taten umzusetzen. Jedoch könnten in viele der vorgeschlagenen Maßnahmen verhaltensökonomische Erkenntnisse integriert werden und diese somit psychologische und soziale Anreize für das Nichtrauchen bieten.
Mögliche verhaltensökonomische Maßnahmen
Eine wirksame Maßnahme aus Sicht der Verhaltensökonomie wäre beispielsweise in die Rauchfrei-App, Anreize für das Nichtrauchen zu integrieren. Somit könnte über reines Bewusstmachen und Wissen über die Gefahren hinausgegangen werden. „Push“-Nachrichten in der App könnten die jungen RaucherInnen in „gefährlichen“ Situationen des Rückfalls an das Durchbrechen ihrer Rauchverhaltensweisen erinnern. Eine solche Nachricht könnte sein: „Hey! Denke daran deine Nachspeise schmeckt besser, wenn du nach dem Mittagessen nicht rauchst, denn Rauchen beeinträchtigt deine Geschmacksknospen.“ Außerdem könnte ein spielerisches Punktesystem implementiert werden, eine sogenannte Gamification Maßnahme. Hierbei könnte man für jeden Tag des Nichtrauchens, für gesundheitsförderliches Verhalten, oder beispielsweise Ausdauersport, Punkte sammeln. Am Ende gibt es für Teilnehmer mit den meisten Punkten eine Medaille.
Soziale Norm des Nichtrauchens
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist eine soziale Norm des Nichtrauchens zu etablieren. Wenn ein Jugendlicher zur Zigarette greifen möchte, sollte dies von seinem Umfeld und seinen Peers nicht als „cool“ angesehen werden. Durch beispielsweise ein Rauchverbot an öffentlichen Orten, könnte eine soziale Norm des Nichtrauchens gefördert werden. Denn Gesetze haben Vorbildcharakter und Menschen orientieren sich daran. Rauchen wird durch ein solches Gesetz mühsamer. Man muss beispielsweise weiter weg gehen, um sich eine Zigarette anzuzünden und seine Gespräche unterbrechen. Dies könnte die psychologische Wahrnehmung des Rauchens verändern und die Motivation erhöhen, die durch Jahre erlernte Verhaltensweise des Rauchens zu durchbrechen.
Zum Weiterlesen für Interessierte
Falls Sie dieses Thema interessiert und Sie den ausführlichen Bericht über die verschiedenen Maßnahmen nachlesen wollen: Hier finden Sie den Link zu der kompletten Studie „Rauchen bei Jugendlichen- Verhaltensökonomisch basierte Maßnahmenevaluation“ von ForscherInnen des IHS und Insight Austria (http://irihs.ihs.ac.at/4681).
Literatur
Kocher, M. G., Scherrer, J., Bauer, C., Gatter, K., Sonntag, A., & Czypionka, T. (2018). Rauchen bei Jugendlichen. Verhaltensökonomisch basierte Maßnahmenevaluation.
Link: http://irihs.ihs.ac.at/4681
Titelbild: Julia Engel (gefunden auf https://unsplash.com/)
Bild im Text: Paul Wong (gefunden auf https://unsplash.com/)